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Grenzen auch für Zuschätzungen bei offenen Ladenkassen und/oder Registrierkassen

(Stand: 22.08.2018)

Zuschätzungen der Steuerverwaltung nach Betriebsprüfungen als Folge von nicht ordnungsgemäßer Buchführung (meist wegen mangelhafter Kassenführung) sind ein häufiges und gewichtiges Streitthema. Dabei werden oft die weit zurückliegenden Streitjahre wegen der dann hohen Verzinsung ebenso zum besonderen Problem, wie die Beurteilung bzw. Berichtigung der nachfolgenden Jahre der Steuerfestsetzung.

Nun hat der Bundesfinanzhof mit Urteil v. 26.02.2018, Az. X B 53/17 erneut zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, weil das Finanzamt und auch das Finanzgericht die allgemeinen Voraussetzungen für eine Zuschätzungs-Befugnis (schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig) nicht ausreichend geprüft hat. Damit haben die Vorinstanzen nach Auffassung des BFH nicht nur den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103, Abs. 1 Grundgesetz verletzt. Sie haben auch die Gewichtigkeit formeller Buchführungsmängel fehlerhaft beurteilt, weil sie die für Schätzungen unerlässliche Feststellung unterlassen haben, ob wegen geringfügiger formeller Mängel die gesamte Buchführung als sachlich unrichtig beurteilt werden darf. 
Der Streitfall der Jahre 2007 – 2009 betraf einen Weinbaubetrieb mit angeschlossener gewerblicher Weinschenke (mit Ausschank eigener Weine mit Speisen), wobei die Einnahmen durch Registrierkasse und ein selbst konzipiertes Kassenbuch ermittelt wurden.
Eine Betriebsprüfung verwarf diese Buchführung wegen der fehlenden Programmierprotokolle und fehlender Kassenberichte und nahm eine Zuschätzung vor – basierend auf Werten der amtlichen Richtsatzsammlungen für Gast-und Schankwirtschaften. Das Hessische Finanzgericht erhöhte diese Zuschätzung um eine weitere pauschale Zuschätzung von 10 %, woraus sich eine Gewinnerhöhung um 50 % ergab. Diese Beurteilung lehnte der BFH zugunsten des Weinbauern weitgehend ab und verwies auf eine Reihe seiner früheren Entscheidungen zu ähnlich gelagerten Fällen (z. B. vom 20.03.2017, Az. X R 11/16, 12.07.2017, Az. X B16/17 usw.).

Mit einem umfangreich begründeten rechtskräftigen Urteil hat auch das Sächsische Finanzgericht mit Urteil vom 26.10.2017, K841/15 bemerkenswert umfangreiche Ausführungen zum Fall einer Cocktailbar für die Streitjahre 2006 – 2008 gemacht und dem Kläger stattgegeben.
Der Betriebsprüfung bzw. dem Finanzamt werden dabei deutliche Grenzen und Voraussetzung für die Zulässigkeit und den Umfang von Zuschätzungen aufgezeigt.

Zu dieser Problematik (bei Buchung von EC-Karten-Umsätzen in der Kassenführung) hat sich unlängst auch das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 29.06.2018 an die Steuerberaterkammer Berlin relativ zurückhaltend geäußert. Es sieht dazu bei zeitweiser Erfassung und Umbuchung dieser Umsätze im Kassenbuch zwar einen formellen Fehler. Dieser Fehler könne jedoch bei der ausreichenden Dokumentation und Nachprüfbarkeit des Kassenbestandes bei der Frage nach einer Verwerfung der Buchführung regelmäßig außer Betracht bleiben.