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Geltendmachung Pflichtteilsanspruch nach Tod des Pflichtteilsverpflichteten

(Stand: 04.08.2020)

Der BFH entschied mit Urteil vom 05.02.2020, II R 1/16, veröffentlicht am 09.07.2020, über folgenden Sachverhalt.

Der Vater des Klägers verstarb im Jahr 2008, Alleinerbin war seine Ehefrau. Zunächst macht der Kläger (Sohn) seinen Pflichtanteilsanspruch nicht geltend. Im Jahr 2011 verstarb die Ehefrau und der Kläger wurde Alleinerbe. Das Finanzamt setzte daraufhin Erbschaftsteuer fest, der Bescheid wurde bestandskräftig.

Der Kläger beantragte im Jahr 2013 den Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) zu ändern und den Pflichtteilsanspruch aus der Erbschaft des Vaters nachträglich als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Seiner Ansicht nach wirke die Geltendmachung auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung zurück (= Tod des Erblassers), die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs stehe hier der Geltendmachung nicht entgegen.

Der BFH wies die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Es ist zwar grundsätzlich möglich, den Pflichtteil nach Tod des Pflichtteilsverpflichteten (Ehefrau) geltend zu machen, wenn der Pflichtteilsberechtigte zeitgleich auch Erbe des Pflichtteilsverpflichteten ist.

Ein zivilrechtlich erloschener Pflichtteilsanspruch gilt nach der Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG nicht als erloschen.

Jedoch muss hier die zivilrechtliche Verjährung beachtet werden. Ist somit der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Geltendmachung verjährt, ist dieser nicht mehr als Nachlassverbindlichkeit abziehbar.

Diese war im Streitfall eingetreten. Die Verjährung tritt nach drei Jahren ein (§§ 2332, 195, 199 BGB)

Fazit:

Der Pflichtteilsanspruch ist als Nachlassverbindlichkeit und als Erwerb von Todes wegen erst dann von Bedeutung, wenn er geltend gemacht wird. Die Geltendmachung wirkt hierbei auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung (=Tod des Erblassers) des ursprünglichen Erbfalls zurück und ist somit ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1Nr. 2 AO.

Die Prüfung, ob der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch noch geltend machen kann, sollte stets stattfinden, besonders bei den sog. Berliner Testamenten.

Daher ist bei einem sog. Berliner Testament stets zu prüfen, ob der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch noch geltend machen kann.

Wird der Pflichtteilanspruch vor der Verjährung geltend gemacht, kann der Erbe des Pflichtteilsverpflichteten die Pflichtteilsschuld als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen, auch dann, wenn der ursprüngliche Verpflichtete nicht mehr wirtschaftlich damit belastet ist.